20.7.05

Der Internet-Pranger


Das ist wieder so eine Nachricht, die einem nachgeht:
Die Polizei in Chicago (USA) hat auf ihrer Internetseite einen besonderen „Service“ eingerichtet. 30 Tage lang werden Männer dort mit Namen, Adresse und Foto abgebildet. Ihr Vergehen? Sie haben die „Dienste“ von Prostituierten in Anspruch genommen. Das ist in Chicago verboten. Und deshalb werden diese Männer der Öffentlichkeit präsentiert. Die Ehefrauen, Verwandten, Nachbarn und Kollegen können sich dort einklicken und nachsehen. 400.000 nutzten diese Möglichkeit in den ersten vier Wochen.

Hilfe für Verirrte


Bürgermeister Richard Daley meint dazu, daß Prostituierte ein schreckliches Leben haben und eine verantwortliche Gesellschaft ihnen helfen muß, es zu ändern. Man sollte junge Frauen davon abhalten, in die Prostitution zu geraten. Die Angst, bloßgestellt zu werden, soll die Triebe der Männer hemmen. Deshalb werden sie an den Internet-Pranger gestellt…

Früher

„Der Pranger als Schandpfahl war ein Strafwerkzeug in Form einer Säule, einer Plattform oder eines Holzpfostens, an denen ein Delinquent gefesselt und öffentlich vorgeführt wurde. Er erlangte ab dem 13. Jahrhundert weite Verbreitung zur Vollstreckung von Ehrenstrafen. Der Pranger diente den Städten auch als äußeres Zeichen der Gerichtsbarkeit. Die Strafe bestand vor allem in der öffentlichen Schande, welche der Verurteilte zu erdulden hatte und die vielfach ein "normales" Weiterleben in der Ge-meinschaft unmöglich machte oder sehr erschwerte. Auch war der Bestrafte den Schmähungen der Passanten ausgesetzt, die für ihn nicht ungefährlich waren. Auch das Bewerfen der betroffenen Person mit Gegenständen (Steinen) und das Prügeln waren üblich.“ (aus Wikipedia).

Beispiel
Aufschrift auf einem Bild von einem Pranger auf dem Ilmenauer Marktplatz
Für Garten- und Felddiebstahl, Hehlerei, Gotteslästerung, Verleumdung oder in bestimmten Fällen von Unzucht wurde die Strafe des Halseisens verhängt. Der Verurteilte mußte in der Regel ein bis zwei Stunden am Pranger stehen. Meist wurde die Strafe an Sonn- und Markttagen vollzogen, um eine besonders abschreckende Wirkung zu erzielen. Bis zur Einführung des Strafgesetzes von 1839 fand diese entehrende Strafe Anwendung.



Und heute?

Pranger kennt man hierzulande eigentlich nur noch in Museen. Sie scheinen sich überholt zu haben. Unsere Gesellschaft hat seine Grenzwerte der Moral und das, „was man nicht tut“, verändert. Grenzen wurden erweitert. Erosionsartig sind Bereiche erweitert worden, die früher undenkbar waren. Aber wie obiges Beispiel aus den USA aufzeigt, versuchen verantwortliche Politiker, die Flut der Entgleisungen zumindest einzudämmen. Ob ihnen ein Erfolg vergönnt ist, bleibt noch abzuwarten.

Unvorstellbar

Wenn wie in alten Zeiten Diebstahl, Hehlerei, Gotteslästerungen, Verleumdungen und Unzucht heute noch genauso geahndet würden, wie damals, würden unsere öffentlichen Plätze nicht ausreichen. Ein unangenehmer Gedanke!
Die anderen, darunter vielleicht Menschen, deren Wertschätzung mir viel bedeutet, wüßten um meine Schandtaten. Wirklich, sehr unangenehm.

Der Mega-Pranger


Es gab vor 2000 Jahren einen Mann, der auch an den Pranger gestellt wurde. Man bezichtigte ihn der Gotteslästerung, des Aufruhrs, der Lüge. Man schlug ihn, verspottete ihn. Die Menschen spuckten ihn an. Er wurde ausgepeitscht. Gegeißelt. Fast alle verachteten und verhöhnten ihn.

Nur – dieser Mann war der einzige je lebende Mensch, der nie etwas Unrechtes getan hatte. Nie. Niemals. Unter keinen Umständen. Und doch hing er dann an diesem Schandpfahl, diesem Kreuz auf dem Hügel Golgatha.

Er tat das freiwillig. Eigentlich war es mein Platz. Und deiner. Aber dieser Jesus wollte nicht, daß wir für unsere Schandtaten bestraft werden. Er nahm meinen Platz ein und starb. Selber unschuldig, aber voller Liebe für Menschen wie dich und mich.

In Hebräer 12 Vers 2 wird gesagt, daß Jesus „die Schande nicht geachtet hat, sondern das Kreuz erduldet hat“, weil er sich auf die Zeit danach freute.

Leute am Pranger. Auf der Polizeiwebsite in Chicago. Am Kreuz auf Golgatha.

Aber welche Gegensätze…

Andreas Meißner

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ja wirklich, heute sind die moralischen grenzen so ausgeweitet und verdreht, dass zum beisp. unter dem deckmantel von privatsphäre und datenschutz unglaubliches fehlverhalten salonfähig gemacht wird.
und schaut man in die regenbogenpresse, dann sind dort lebensweisen dargestellt, die man eigentlich angeprangert sehen sollte, frei nach dem motto: "ist der ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"