Das war mal wieder eine Morgenandacht, die zu Herzen ging...
Wenn Rachel Remen freitags nach der Schule zu
ihrem Großvater kam, dann hatte der in der Küche schon den Tisch
gedeckt. Was dann geschah, erzählt sie in ihren Lebenserinnerungen.
Wenn
sie ihren Tee getrunken hatten, zündete ihr Opa immer zwei Kerzen an
und wechselte auf Hebräisch einige Worte mit Gott. Rachel wartete
geduldig, denn sie wusste: jetzt kommt gleich der beste Teil der Woche!
Wenn
ihr Opa nämlich fertig war mit seinem Gebet, dann wandte er sich zu ihr
und sagte: „Komm her, Neshumele – meine geliebte kleine Seele!“ Und
dann legte er ihr sanft seine Hände auf den Kopf und dankte Gott dafür,
dass es sie gab.
Danach sprach er zu Gott davon, mit welchen Dingen
seine Enkelin sich im Verlauf der Woche herumgeschlagen hatte. Wenn sie
etwas angestellt hatte, dann lobte er, dass sie die Wahrheit gesagt
hatte. Wenn ihr etwas misslungen war, dann sprach er davon, wie sehr sie
sich bemüht hatte. Und dann gab er ihr seinen Segen und bat Gott, gut
auf sie aufzupassen.
Diese kurzen Momente bei
ihrem Großvater waren für Rachel die einzige Zeit, in der sie sich ganz
zufrieden und mit sich im Reinen fühlte. Zuhause war sie das nie. Da war
es nie genug. Wenn sie in einer Klassenarbeit 98 von 100 Punkten hatte,
fragte ihr Vater: „Und was ist mit den restlichen zwei Punkten?“ Aber
für ihren Großvater spielten die zwei Punkte keine Rolle. Für ihn war es
genug, dass sie da war. Und wenn sie bei ihm war, dann spürte sie ganz
tief im Herzen, dass er Recht hatte.
Rachels
Großvater starb, als sie sieben Jahre alt war. Zuerst, schreibt die
erwachsene Frau, hatte Rachel Angst, dass sie ohne die wöchentliche
Begegnung mit ihm nie mehr spüren könnte, dass sie ein ganz besonderer
Mensch ist. Aber mit der Zeit merkte sie, dass sie gelernt hatte, sich
durch die Augen ihres Großvaters zu sehen. Denn: Einmal gesegnet sein,
heißt: für immer gesegnet zu sein.
Viele Jahre
später, längst schon eine erwachsene Frau, erzählte Rachel ihrer Mutter
von den Segnungen ihres Großvaters und was sie ihr bedeutet hatten. Da
lächelte die Mutter traurig und sagte zu ihr: „Ich habe dich an jedem
Tag deines Lebens gesegnet, Rachel. Ich habe nur nicht die Weisheit
besessen, es laut auszusprechen.“
Ich würde das gerne von Rachel Remens Großvater lernen! Und auf jeden Fall gleich damit anfangen:
Gottes
Segen sei bei Ihnen an diesem Tag und an allen Tagen Ihres Lebens, denn
auch Sie sind ein ganz besonderer Mensch und ein Neshumele – eine von
Gott geliebte Seele.
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